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Roßbergschule Gönningen

Programmierprojekt der Viertklässler

Am PC spielen, am Handy chatten und am Tablet surfen, das ist für uns alle Normalität und macht auch nicht bei unseren Kindern halt. Doch aktiv einen Computer zu programmieren, das ist schon außergewöhnlich und besonders, wenn sich 10-Jährige daran versuchen. Aber wie kommt man in dem Alter auf die Idee?

Die Klasse 4b der Roßbergschule in Gönningen wollte in ihrer Projektwoche mal was Anderes machen, als ein Sozialprojekt, zumal Schüler im Altenheim z.B. noch immer nicht zugelassen sind seit Corona. Ein Computerkurs sollte also dieses Mal auf dem Programm stehen. Klassenlehrerin Suska Großmann wollte endlich mal die 20 Einplatinencomputer zum Einsatz bringen, die ihrer Schule vor 3 Jahren von der Firma Robert Bosch GmbH für den Technikunterricht gespendet wurden und dann wegen Corona leider nicht zum Einsatz kommen konnten.

Aber wie soll man den Kindern den Umgang und besonders das Programmieren von Computern nahebringen, wenn man selber nicht viel mehr als die rudimentären Kenntnisse im Bedienen von Browsern und Office-Anwendungen beherrscht. So machte sie sich auf die Suche und fand in David Buró einen bereitwilligen Unterstützer. Nicht nur, dass er in der Programmierung von Computern in verschiedenen Programmiersprachen bis hin zum direkten Schreiben von Maschinencodes für Prozessoren Erfahrungen hat. Als langjähriger Mitarbeiter im Mikroelektronikzentrum von Bosch hat er selbst schon µControler entwickelt und im KFZ zum Einsatz gebracht. Zusätzlich brachte er durch seine langjährige verbandliche Jugendarbeit pädagogisches Gespür mit, wie man diesen komplexen Stoff praxisnah an 10-Jährige Kinder weitergibt.

An vier Vormittagen vertieften sich die Klasse in das Projekt, das µControlerboard (Type Calliope Mini) zu coden (programmieren). Es begann damit, einen normalen Personal Computer (PC) und ein Notebook in die Einzelteile zu zerlegen und herauszufinden, woraus ein Computer überhaupt besteht. Da gibt es Eingabeschnittstellen (wie Tastatur und Maus) zu identifizieren, aber auch herauszufinden, wie so ein Gerät mit dem Anwender über Ausgabeschnittstellen (wie Bildschirm, Ton, Drucker) kommuniziert. Wann hat man schon die Gelegenheit, ein Motherboard, eine Festplatte, eine Grafikkarte oder einen µProzessor in die Hand zu bekommen und zu untersuchen. Dabei lernten die Kinder Begriffe, die ihre altersgemäßen Englischkenntnisse überstiegen: Interface, Memory, Cache, Kernal, ….
Das ein Computer ein kompliziertes Gebilde ist, war den Kindern schon bewusst, aber wie Komplex das Programmieren eines solchen Alleskönner wird, wurde ihnen klar, wenn dann noch Netzwerke und Internet hinzukommen. Das übersteigen natürlich das Niveau einer 4. Klasse und wird oft erst nach jahrelangem Informatikstudium in Grenzen verstanden. Also musste es für die Kinder auf ein deutlich niedrigeres Niveau heruntergeholt werden.

Das geschah am 2. Projekttag. Wie Befehle funktionieren, das lernt man schnell an Beispielen aus dem Alltag; Mache dieses, tue das, …
Wie bedingte Befehle funktionieren auch: Wenn du Hunger hast, iss eine Banane.
Aufwändiger wird es dann, wenn man auf Umweltbedingungen achten muss:

  • Wenn es dunkel wird, mache das Licht an
  • Wenn es kalt wird, mache den Ofen an 

Sehr schnell lernten sie, dass im übertragenen Beispiel selbst ein einfacher Befehl eine Banane zu essen zu komplex ist und durch viele Einzelbefehle detailliert werden muss:

  • Nimm eine Banane
  • Öffne die Schale
  • Beiß ein Stück ab
  • Kaue es
  • Schlucke es runter
  • Wiederhole die letzten drei Befehle bis die Banane zu Ende ist
  • Schmeiß die leere Schale in den Biomüll

Am dritten Projekttag war es dann soweit, die Kinder entdeckten die Fähig- und Möglichkeiten ihrer Calliope-Platine. Die Roßbergschule verfügt dank ihrer früheren Hauptschule noch über einen funktionsfähigen Computer-Raum mit 12 Arbeitsplätzen (mit Internet). Der wurde nun genutzt, um den Einplatinencomputer an eine kindgerechte graphisch programmierbare Oberfläche anzuschließen und zu entdecken. Diese wird im Internet zur Verfügung gestellt und ist auch von zu Hause am heimischen PC zu erreichbar.
Da gab es Inputs wie Taster, Schalter, und Sensoren für Bewegung, Temperatur, Licht und Schall; Outputs wie Lautsprecher, der alle Töne einer Klaviatur abspielen kann, ein 5×5-LED-Display und eine Leuchtdiode die in allen Farben des Lichtspektrums leuchten kann. Es dauerte nicht lang, bis die ersten Befehle erstellt und ausprobiert wurden. Gelernt wurde nach dem Prinzip Try&Error: Warum spielt das Gerät nicht den Ton C, wenn ich auf die Taste A drücke? Ich habe es ihm doch so beigebracht!
Der Fehler wurde schnell gefunden: Die Taste wurde im ersten Bruchteil einer Sekunde abgefragt und so schnell konnte der Schüler die Taste nicht drücken, bevor das einfach Programm zu Ende war. Eine Endlosschleife musste her damit die A-Taste immer wieder abgefragt wird und siehe da, es funktioniert.
Schneller als ihnen lieb war, waren die 3 Stunden schon wieder vorbei und alle waren ungeduldig, wieder eine Woche warten zu müssen. Da sie auch von zu Hause an ihre geschriebenen Erstlingsversuche weiterarbeiten konnten, nutzten das auch einige Schüler.

Der vierte und letzte Tag kam und es wurden helligkeitsabhängige Beleuchtungen, lautstärkeabhängige Signale, bewegungsabhängige Farben und tastenabhängige Musiksequenzen gecoded. Die meisten konnten an den Stand der letzten Stunde anschließen. Einig brachten die zu Hause erstellten Programme zum Einsatz. Die Calliope-Programmieroberfläche bietet einen Hardware-Simulator, auf dem man das Programm ausprobieren kann, auch ohne eine Calliope-Platine zu haben. Die Geräte verblieben immer in der Schule und konnten, obwohl immer wieder angefragt, den Kinder leider nicht mitgegebene werden.

Auch die letzten drei Stunden verflogen und nach intensiven Protesten lenkte die Lehrerin nach Absprache schließlich ein und schenkte ihnen eine weitere Stunde, um mit den Geräten „zu spielen“. Aber aus so manchem Spiel wurde ernst. Das Projekt lässt einige nicht mehr los, das Programmierfieber hat sie befallen. Nicht wenige Schüler haben auf ihrer Wunschliste für den nächsten Geburtstag oder für Weihnachten ein eigenes Calliope oder ähnliches System zu bekommen. Alle hatten ihre Angst vor der unbekannten Technik verloren und viele haben für sich eine neue Einstellung zu Computern bekommen.
Lehrerein Suska Großmann und Kursleiter David Buró war bewusst, das kann und darf nicht das erste und letzte Projekt dieser Art gewesen sein.